Offensive für bezahlbaren Wohnraum

Zehn Punkte, um den Mangel auf dem Wohnungsmarkt zu beheben, statt ihn weiter zu verwaltenDie Politik der vergangenen Jahre hat die wirklichen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt viel zu lange verkannt. Immer mehr Dämmvorschriften, Kosten und Genehmigungsverfahren haben das Bauen langsam und teuer gemacht. Neben der immer weiter zunehmenden Bürokratie fehlt Bauland, die Steuern steigen und die Erwerbsnebenkosten, die gleich zu Anfang der Finanzierung fällig werden, erreichen neue Höchststände. Ideologische Politik wie die Mietpreisbremse oder das Baukindergeld wirken zudem als Investitionsbremsen oder setzen falsche Anreize. All dies zusammen ergibt eine Gemengelage, die viele potentielle Investoren und Immobilienkäufer abschreckt und den Wohnungsbau behindert.Das Ergebnis: Erschwinglicher Wohnraum wird immer knapper und die vorhandenen Immobilien immer teurer. Derzeit fehlen in Deutschland etwa 1 Million Wohnungen in den Ballungszentren. Um diese Lücke zu schließen, müssten 400.000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden. Das wird deutlich verfehlt. Hinzu kommt, dass alleine um die von der Bundesregierung ausgerufene Wohnraumoffensive mit 1,5 Millionen Einheiten umzusetzen, es eines Investitionsvolumens von 200 Milliarden Euro bedarf – ohne Kosten für das Bauland. Das ist eine Aufgabe, die der Staat nur gemeinsam mit dem privaten Sektor schaffen kann.Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass Wohnen nicht zum Luxusgut wird. Der Staat hat die Aufgabe, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen. Deshalb wollen wir Freie Demokraten ganz konkrete Schritte in der Wohnungsbaupolitik umsetzen, die das Bauen wieder schneller, effektiver und billiger machen – und damit die Mieten wieder bezahlbar. Wer das Angebot erhöht, gibt dem Mieter wieder die Macht.

1. Bauland bereitstellen

Bauland ist in wachsenden Städten und Gemeinden ein knappes und teures Gut. Bauland ist aber auch die Grundvoraussetzung für den dringend benötigten Wohnungsbau. Angesichts des hohen Handlungsdrucks in den prosperierenden Regionen fordern wir Freie Demokraten eine Baulandoffensive. Alle Grundstücke und Liegenschaften des Bundes, die nicht für Staatszwecke benötigt werden, müssen schnellstmöglich identifiziert, bereitgestellt und bevorzugt über beschleunigte Konzeptvergaben veräußert werden. Auch nicht mehr benötigte Gewerbebrachen müssen in den Fokus der Stadtentwicklung rücken. Das sind Wohnungsbaupotentiale, 


die seit Jahrzehnten ungenutzt sind. Dies liegt auch daran, dass mit der Flächenaktivierung den Gemeinden hohe Kostenrisiken aufgebürdet werden. Die gezielte Unterstützung der Gemeinden bei der Bereitstellung benötigter neuer Infrastruktur kann Abhilfe schaffen und die Entscheider zu einer zügigen Entwicklung von baureifen Grundstücken motivieren. Es soll überprüft werden, ob Änderungen bei der Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter (§ 6b EStG) zu substantiellen Verbesserungen der Anwendung führen. Neue Grünflächen, Ausgleichsflächen und Erholungsflächen können durch Einhausung von Verkehrswegen entstehen. Der Bund soll dazu ein entsprechendes Programm kofinanzieren.

2. Innenentwicklung forcieren

Attraktive Städte und Gemeinden zeichnen sich durch eine hohe Lebensqualität und einen vielfältigen Mix an Nutzungen aus. Hierzu ist es nach Ansicht der Freien Demokraten erforderlich, den Flächenverbrauch durch vermeidbare Zersiedlung zu minimieren. Die Nachverdichtung bestehender Quartiere ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Um die der Innenentwicklung innewohnenden Potentiale auch strategisch nutzen zu können, müssen wachsende Städte und Gemeinden die potentiellen Flächen erkennen und die Hindernisse einer Bebauung beseitigen. Wir fordern deshalb Baulücken- und Potentialflächenkataster, auf deren Grundlage die Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten konkrete Zeit- und Maßnahmenpläne zur Bebauung dieser Flächen entwickeln können.Um auch die Wohnraumpotentiale durch Dachausbau- und Dachaufstockungen nutzen zu können, wollen wir eine Dachoffensive starten. Dazu müssen die Genehmigungsbehörden ihre rigide Auslegung des Einfügungsgebots nach § 34 Baugesetzbuch beenden und auch vorhandene Garagen- und Stellplatzverordnungen entbürokratisieren und entrümpeln. Grundsätzlich soll der Ausbau von Dachgeschossen genehmigungsfrei sein, sofern dieser aus statischer und konstruktiver Sicht als unproblematisch bewertet werden kann, die notwendigen Treppenbreiten eingehalten werden und die Entfluchtung sichergestellt ist. In heißen Mietmärkten muss auch die Angst vor Hochhäusern abgelegt werden. Die Kommunen müssen beginnen, ihre Bebauungspläne anzupassen. Wir wollen neue Stadtviertel mit einer Dichte und Durchmischung wie zur Ära der Gründerzeit ermöglichen.

3. Schneller Genehmigen

Wir haben beim Wohnungsbau keine Zeit zu verlieren. Ewig lange Genehmigungsverfahren mit unzähligen Gutachten und Abstimmungsrunden müssen deshalb ein Ende haben. Wir Freie Demokraten fordern deshalb kurze und transparente Fristen für Baugenehmigungen. Wird eine Baugenehmigung nicht innerhalb einer von den Ländern festzulegenden Frist erteilt und liegen alle Gutachten und Pläne der Bauvorlageberechtigten vor, darf der Bauherr loslegen. Wir brauchen unbürokratische One-Stop-Shops für Bauwillige und zur Beschleunigung 


der Verfahren ein Sonderprogramm zur Digitalisierung der Bauämter. Wir wollen bundesweite Typengenehmigungen ermöglichen, um dem seriellen und modularen Bauen Vorschub zu leisten.

4. Digitalisierung vorantreiben

Um die hohe Qualität der Genehmigung und schnelle Verfahren gewährleisten zu können, müssen sich die Planungsämter neu aufstellen. Die dicke Bauakte im Regal muss endlich durch digitale Bearbeitungsprozesse abgelöst werden. Stellungnahmen, Beteiligungsprozesse und Planänderungen lassen sich bereits heute im virtuellen Raum realisieren. Automatisierte Vorprüfungen der eingereichten Unterlagen erleichtern zudem den Mitarbeitern der Behörde den Arbeitsalltag. Dies spart nicht nur Zeit, es kann auch die Planungskosten senken und die Bauqualität weiter verbessern. Wir wollen das Schriftformerfordernis bei der Baubeantragung abschaffen.Die öffentliche Hand, Wohnungsbaugesellschaften aber auch private Bauherrn stehen vor der Herausforderung, ihre Projekte von der Planung über den Bau bis hin zum Betrieb und der Instandhaltung möglichst effizient, d.h. qualitativ hochwertig und dennoch kostensparend zu gestalten. Digitale Technologien bieten hier enorme Potenziale. Mit dem sog. Building Information Modeling (BIM) hat sich eine integrative Methode etabliert, die es ermöglicht, den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks von der Planung über einzelne Bauphasen bis hin zu Bewirtschaftungsprozessen virtuell abzubilden. So können Informationsbrüche zwischen den einzelnen Planungs- und Bauphasen vermieden werden. Durch die transparente Darstellung aller Prozesse werden zudem Kostenrisiken minimiert. Der Bund soll bei den eigenen Gebäuden als Vorbild vorangehen und die Anwendung von BIM als Voraussetzung für die Vergabe von Bundeshochbauten festschreiben.

5. Schneller Bauen

Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen ist der Grundstein für die zügige Erstellung des dringend benötigten Wohnraums. Nicht minder wichtig ist für uns Freie Demokraten aber auch die schnelle Abwicklung der tatsächlichen Baumaßnahme. Der serielle und modulare Wohnungsbau bietet unserer Ansicht nach enorme Potentiale die Bauzeit zu verkürzen. Um diese Chancen auch in der Praxis nutzen zu können, fordern wir Freie Demokraten die Harmonisierung der Bauordnungen aller Bundesländer, in der dann auch einheitliche Anforderungen an den modularen und seriellen Bau enthalten sind. Nur durch bundeseinheitliche Regelungen ist es den Unternehmen möglich Ihre Gebäudekonzepte und Module in der Masse zu produzieren, sodass das Bauen nicht nur schneller, sondern auch günstiger möglich ist. Wir wollen die Entscheidungsspielräume der Kommunen erweitern und bei Ermessensentscheidungen das Ziel der Wohnraumschaffung höher gewichten als die Schaffung von Stellplätzen, Verkehrsinfrastruktur und Beteiligungsverfahren. Wir wollen die Klage- und Einwändemöglichkeiten im Baurecht an die bewährten Regelungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes angleichen.


6. Günstiger Bauen

In Deutschland gibt es inzwischen mehr als 20.000 Bauvorschriften, Normen und andere Anforderungen, die beim Hochbau beachtet werden müssen. Dass ein solches Dickicht an Vorschriften nicht nur unnötig kompliziert ist, sondern auch zusätzliche Kosten verursacht, liegt auf der Hand. Wir Freie Demokraten wollen dabei nicht tatenlos zusehen und fordern deshalb einen Baukosten-TÜV. Neue Regelungen müssen einer verpflichtenden Folgenabschätzung unterzogen werden, die die Kosten des Bauens und Wohnens ermittelt. Unser Ziel ist es dabei, kostenverursachende Normen zu vermeiden und den Entscheidern eine transparente Grundlage für ihr Handeln zur Verfügung zu stellen. Daher wollen wir für jede neue Norm und jedes neue Gesetz eine Folgekostenabschätzung. Für bereits vorhandene Gesetze, Verordnungen und Normen streben wir ebenfalls eine kritische Prüfung von Kosten und Nutzen an. Das sogenannte “Goldplating”, also die zusätzliche Verschärfung bei der Umsetzung von EU-Richtlinien, lehnen wir ab. EU-Richtlinien sind grundsätzlich 1:1 umzusetzen. Die hohen Anforderungen an den Neubau von Wohnraum verhindern gerade im freifinanzierten Wohnungsbau günstige Mieten. Selbst ohne hohe Renditen können deshalb selten Mieten unter 13 Euro pro Quadratmeter realisiert werden. Nur wenn Bauen günstiger wird, kann auch Wohnen günstiger werden. Darum wollen wir die Empfehlungen der Baukostensenkungskommission konsequent umsetzen.

7. Hürden beseitigen – Ordnungsrahmen anpassen

Die Wirtschaftsweisen machen in ihrem Jahresgutachten 2018/2019 deutlich, dass die bisherigen Versuche, durch ordnungspolitische Eingriffe den Anstieg der Mieten in den prosperierenden Regionen abzumildern nicht geglückt sind. Mangel lässt sich nicht verwalten, Mangel muss beseitigt werden! Deshalb setzen wir Freie Demokraten uns auch für die Abschaffung wirkungsloser oder sogar kontraproduktiver Regulierungen ein. Wir plädieren deswegen für die Abschaffung der Mietpreisbremse. Sie macht Investitionen in Wohnraum unattraktiver und verhindert dadurch Wohnungsbau. Auch die zahlreichen Regelungen im Rahmen von Erhaltungsverordnungen oder das immer komplexer werdende Mietrecht machen die Vermietung von Wohnraum unnötig kompliziert. Dies vertreibt gerade die kleinen, nicht renditeorientierten Vermieter vom Markt. Eine Reduzierung der Anforderungen ist zwingend geboten, um zusätzliche Dynamik in den Wohnungsneubau zu bekommen. Wer dem Mieter Macht geben möchte, muss das Angebot erhöhen.

8. Fachkräftemangel beseitigen

Vor allem kleine und mittlere Unternehmen klagen derzeit über akuten Fachkräftemangel. So meldet inzwischen jeder dritte Handwerksbetrieb, dass er auf manche Ausbildungsplätze keine Bewerbung erhält. Der Fachkräftemangel geht in die Hunderttausende. Das Institut der deutschen Wirtschaft schätzt den volkswirtschaftlichen Schaden auf 30 Milliarden Euro jährlich. Auch für das Baugewerbe stellt der Fachkräftemangel ein entscheidendes Hindernis bei der Umsetzung der wohnungsbaupolitischen Ziele dar. Deshalb brauchen wir dringend einen Aufbruch in der 


Bildungspolitik und eine moderne Einwanderungspolitik. Wir Freie Demokraten setzen uns ein für eine Exzellenzinitiative für die berufliche Bildung und stärker modular aufgebaute Ausbildungen. Mit Blick auf den bereits vorhandenen Fachkräftemangel, die Demografie und unsere Wettbewerbsfähigkeit, brauchen wir eine Stärkung der Aus- und Weiterbildung und einen Ausbau des sogenannten Aufstiegs-Bafögs. Zudem müssen wir ein Einwanderungsgesetz mit Punktesystem etablieren, mit dem wir gezielt Fachkräfte anwerben, deren Qualifikationen aktuell gebraucht werden. Zusätzlich wollen wir die europäische Arbeitsvermittlung deutlich ausbauen.

9. Investitionen attraktiver machen – Abschreibungssätze anpassen

Der aktuelle Abschreibungssatz für Gebäude unterstellt einen Lebenszyklus von 50 Jahren. Für den Rohbau mag diese Rechnung aufgehen, doch die Lebensdauer der Gebäudetechnik und –hülle wird auch durch ständige Innovation immer kürzer. Vor dem Hintergrund des immer größer werdenden Anteils der Ausbaukosten an den Gesamtkosten muss eine Anpassung erfolgen. Deshalb wollen wir Freie Demokraten,die Möglichkeiten zur Abschreibung für Wohnungsbauinvestitionen deutlich verbessern. Statt mit Sonderabschreibung ein kurzes aber wirkungsloses Strohfeuer abzubrennen, wollen wir die lineare Abschreibung von 2 auf 3 Prozent erhöhen. Mit der Erhöhung der linearen AfA wird ein wirksamer Impuls für die Neubauinvestitionen gesetzt, die direkt zur Entspannung auf den Wohnungsmärkten beitragen und den Unternehmen der Bauwirtschaft langfristige Planungssicherheit geben, damit ein nachhaltiger Beschäftigten- und Kapazitätsaufbau möglich wird.

10. Ein Volk von Eigentümern

Besonders junge Familien mit mittlerem und geringerem Einkommen haben es schwer, den Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklichen und Eigentum zu bilden. Ein zentraler Grund dafür sind die hohen Erwerbsnebenkosten. Einen Großteil dieser Kosten macht die Grunderwerbsteuer aus. Um diese Einstiegshürde zum Wohneigentum zu überwinden, wollen wir Freie Demokraten für selbstgenutzte Immobilien einen flexiblen, wiederauffüllbaren Freibetrag über 17.500€ bei der Grunderwerbsteuer einführen. Das entspricht einem Immobilienwert von 500.000€ mit dem ursprünglichen, deutschlandweiten Grunderwerbsteuersatz von 3,5%. Das Besondere an diesem Freibetrag ist, dass bei jedem Verkauf der entsprechenden Immobilie, der ursprünglich verwendete Anteil des Freibetrages zurückgebucht und damit erneut verfügbar wird. Dadurch ermöglichen wir den Bürgerinnen und Bürgern schon früh, Eigentum zu erwerben und es je nach Lebenslage unkompliziert zu wechseln. Der Freibetrag ist damit effektiv, unbürokratisch und zielgerichtet und der Startschuss für die Eigentümernation Deutschland.